Land, Besitz und Commons




© Gisela Erlacher



Laure Prouvost (6)
Wantee, 2013 (Turner Prize 2013)
HD Video, 14 min. 23 sec.

Ein dunkler, schlammiger Raum. Benutztes Geschirr wurde am Tisch zurückgelassen, der Tee wurde schon lange serviert, an den Wänden hängen Malereien. Die Zeit ist über diesen Raum gefallen, wie auf einer verblichenen Fotografie. Es ist das Wohnzimmer eines Großvaters, den es nie gab, ein Konzeptkünstler und enger Freund Kurt Schwitters, so beschreibt ihn Laure Prouvost in ihrer Videoarbeit Wantee. Der Name der Videoarbeit spielt hier auf Schwitters Lebensgefährtin »Wantee« an, deren Name aus der ständigen Angewohnheit entstand, Tee anzubieten. Das letzte Konzept des fiktiven Großvaters war es, einen Tunnel nach Afrika zu graben, direkt aus dem Wohnzimmer heraus. Er gräbt und gräbt, dann verschwindet er irgendwann spurlos. Durch assoziativ gestaltete Bildketten skizziert der Film eine intime Geschichte jenseits von realen Tatsachen. Er beschäftigt sich mit der Rezeption von Kunst im Laufe der Zeit und dem damit zusammenhängenden Kontrollverlust sowie der Konstruktion von Künstler*innenbiografien an sich. Realität und Fiktion verschmelzen in dieser Stube zu einer alternativen Gegenwart.

Laure Prouvost, 1978 in Lille, Frankreich, lebt in Antwerpen und London. Studium am Central Saint Martins College und am Goldsmiths College in London. Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist es, das Realitätsverständnis des Publikums zu „expandieren“. Oft bilden fiktive Geschichten die Grundlage ihrer Kunst. Für ihre Arbeit wurde sie bereits 2013 mit dem renommierten Turner Prize ausgezeichnet. Die Jury würdigte Prouvosts Film Wanttee, bei dem es um eine fiktive Teezeremonie zwischen dem Großvater der Künstlerin und dem deutschen Dadaisten Kurt Schwitters ging, als „herausragend und bewegend“. Ihre Arbeiten wurden in Institutionen wie der Tate Britain, der Whitechapel Gallery in London, dem Portikus in Frankfurt, dem Neuen Berliner Kunstverein in Berlin und dem New Museum in New York ausgestellt. Sie hat zweimal den ersten Preis bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen gewonnen. 2019 bespielte sie den französischen Pavillon bei der Biennale di Venezia.
www.laureprouvost.com