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© PRINZGAU/podgorschek, Paasdorf, 1995, Foto: Christian Wachter


Robert Jelinek
Bleibt arbeitsam und unterirdisch.
"Entdeckung der Korridore" von PRINZGAU/podgorschek, 1995

Es war eines der ersten beauftragten künstlerischen Werke im öffentlichen Raum in Niederösterreich, welches 1995 geradezu als Vorzeigebeispiel auch für Aufsehen sorgte. Unter dem Titel „Entdeckung der Korridore“, oder besser bekannt als „Paasdorfer Autobahn“, ließ das Künstlerehepaar PRINZGAU/podgorschek eine fiktive Ausgrabungsstätte errichten, die vorgibt, ein Stück Autobahn als Relikt unserer Kultur entdeckt zu haben. Die Installation ist ein kurzes Stück Autobahnstrecke, 6 x 35 x 4 m, ein Ausschnitt im Maßstab 1:1 in Ö-Norm nachgebaut. Es ist ein Autobahn-Teilstück wie unzählige andere auch, das unscheinbar inmitten der Felder von Paasdorf bei Mistelbach in einer Tiefe von über 2 Metern errichtet wurde. In der Mitte die Leitschienen, links und rechts davon zwei Fahrbahnen und ein Pannenstreifen. Das Werk ist gerade sechs Meter lang und so im Ackerboden versenkt. Das Autobahn-Teilstück ist eine Anspielung auf eine geplante Autobahn (Wien-Tschechoslowakei) durch das Weinviertel aus der NS-Zeit, die hier vorbeiführen sollte. Die heute als Nordautobahn A5 bezeichnete Strecke war zum Zeitpunkt der Errichtung des Projektes noch nicht bekannt, diese wurde erst 2009 eröffnet. So bleibt das bis heute gut in der Landschaft versteckte Werk zeitlos und gehört zu
den wenigen künstlerischen Arbeiten im öffentlichen Raum, die gerade über Dauer ohne Pflege, Wartung oder Restaurierung durch natürliche Verwitterung ihre Grundidee entfalten.
Damals frisch errichtet hätte man meinen können, Archäologen hätten es eben erst entdeckt. Heute wuchert die Natur darin, Pflanzen sprengen den Asphalt. „Entdeckung der Korridore“ gehört zu jenen Land-Art Projekten, bei denen durch Korrektur der Natur sich Kunst im Laufe der Zeit präzisiert. Hier wurde ein Verkehrssystem fragmentarisch freigelegt, das unsere Zivilisation immer noch prägt wie kein anderes und ohne Nutzung langsam wieder von der Natur einverleibt wird. Es geht aber nicht nur um die Autobahn allein. Die Fundstätte dient als inspirierendes Zeugnis unserer einstigen technischen Errungenschaften der Mobilität und der damit verbundenen kulturellen Querverbindungen. Denn obgleich wir uns auf einem inszenierten Straßenteil wie einer Autobahngrube von Paasdorf oder oberhalb auf einer Hauptstraße bewegen, wird hier klar der Blick auf neue Beziehungen thematisiert: Auf die technische und geistige Mobilität unserer Zeit, in der es gilt, heute neue Querverbindungen, Stränge, Korridore, Brücken und Knotenpunkte zu bauen, bei Bedarf auch unterirdisch.

Zum Referenzprojekt:
PRINZGAU/podgorschek, Paasdorf, 1995

Kurzbiografie:
Robert Jelinek wurde 1970 in Pilsen (Tschechoslowakei) geboren. Jelinek setzt seit 1990 mit seinen transdisziplinären künstlerischen Arbeiten wirksame und progressive Impulse zur Etablierung und Vermittlung zeitgenössischer Kunst außerhalb des tradierten Kunstbetriebes. Als bildender Künstler agiert er an den Schnittstellen von zeitbasierten Medien, elektronischer Musik, Olfaktorik, Verlags- und Staatswesen und sucht stets nach neuen künstlerischen Strategien und Verortungen.