Susanne Schuda

© Susanne Schuda "Out Of The Box", 100 Jahre Frauenwahlrecht, 2018, digitale Collage



Susanne Schuda, 1970 in Wien geboren, lebt in Wien. Sie hat visuelle Mediengestaltung bei Peter Weibel an der Universität für angewandte Kunst in Wien studiert. Sie arbeitet in den Bereichen Video, Performance, Collage, Text, Installation, Internet und Kunst im öffentlichen Raum. Inhaltliche Schwerpunkte ihrer künstlerischen Auseinandersetzung sind psychologische Dynamiken und die Verortung des Individuums in sozialen Kontexten. Psychologie, Humor und die Wahrnehmung subtiler Vorgänge sind dabei zentrale Aspekte, anhand deren sie auch die Konstruktion von Realität in der Mediengesellschaft befragt. 2018 erhielt sie den Outstanding Artist Award für Video und Medienkunst und 2016 den Medienkunstpreis der Stadt Wien. Ihre Arbeiten wurden in internationalen Gruppen- und Einzelausstellungen präsentiert und sind u. a. in folgenden Sammlungen vertreten: Kunsthaus Zürich, Artothek des Bundes, Österreich, Sammlung der Stadt Wien, Neue Galerie, Graz, Ursula Blickle Archiv, Wien, und Asbaek-Foundation, Mallorca.
www.susanneschuda.net
Seit ihrer Erfindung zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Collage zu dem künstlerischen Medium der Übertreibung, Zuspitzung, De- und Neukonstruktion schlechthin. Durch ihr Potenzial zur Radikalität und die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten eignete sie sich besonders zur Bemächtigung und Umkehrung medialer Bilder und wurde traditionell gerne für die Kritik an politischen Systemen genutzt. Auch Susanne Schuda arbeitet gerne mit (digitaler) Collage und Fotomontage, um gesellschaftspolitische Entwicklungen kritisch in den Blick zu nehmen. Für sie ist die Collage aber auch im Hinblick auf die Veränderungen durch den digitalen Raum und die damit einhergehenden Suchmodalitäten interessant – Veränderungen, die unsere Bildproduktion im Allgemein und ihre eigene im Speziellen beeinflussen.

Jedes Element in ihrem präzise komponierten Plakatentwurf ist mit Bedeutung aufgeladen und transportiert pointierte Botschaften: „Heraus mit dem Wahlrecht“ war eine kämpferische Parole jener engagierten Frauen, die in Österreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts angetreten waren, um für ihre politische Teilhabe zu kämpfen. Es wurde zu einem geflügelten Wort und veranschaulicht die Tatsache, dass das Wahlrecht buchstäblich unter Verschluss gehalten wurde und der männlich besetzte Staat zunächst nicht willens war, den Frauen politische Mitbestimmung zu gewähren. Susanne Schuda stellt eben diese Parole ins Zentrum ihres Posters, allerdings nicht mehr als politische Forderung an die Obrigkeit, sondern auf Stimmzetteln, die in eine Wahlurne eingeworfen werden. Diese simple Verschiebung verdeutlicht, dass das Wahlrecht seit 1918 zwar BürgerInnen beiden Geschlechts zugänglich ist, damit aber auch heute noch nicht alles erreicht ist, wofür die Wahlrechtsaktivistinnen kämpften. Bei Schuda wird das zu einem Appell an alle Frauen von heute, ihr erkämpftes Recht nicht zu verwirken, sondern es zu nutzen, um unsere Gesellschaft zum Positiven zu verändern. Themen wie Diversität und Solidarität unter den Frauen holt die Künstlerin durch die collagierten Gesichter der Demonstrantinnen ins Bild – dort spiegeln sich auch die Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten, die in politischen Prozessen entstehen können.

Als ein weiteres Symbol für die „Doppelbödigkeit“ des Wahlrechts lässt sich die Wahlurne lesen, deren Inneres ein häusliches Interieur birgt, traditionell jener Bereich, mit dem Frauen identifiziert wurden und teilweise immer noch werden. Dass diese Teilung vor allem auf dem politischen Parkett traurige Realität ist, veranschaulicht das kleine Gruppenbild anonymer und vorwiegend männlicher Anzugträger, eine Norm in der medialen Berichterstattung. Der Großteil der politischen Akteure ist nach wie vor männlich. Das Versprechen von Freiheit, Selbst- und Mitbestimmung der Frauen ist trotz des 100-jährigen Bestehens ihres Wahlrechts nach wie vor nicht eingelöst. Umso dringlicher ist Susanne Schudas Aufruf, vor allem an Frauen, gegenüber den Errungenschaften der Wahlrechtsaktivistinnen nicht gleichgültig zu sein und wieder lautstark für die eigenen Rechte, aber auch die Rechte anderer einzutreten und Missstände aufzuzeigen. Metoo# und Frauenvolksbegehren sind der Beweis dafür, dass sich Solidarität und kollektives Eintreten für Überzeugungen auszahlen. (Georgia Holz)