Susi Jirkuff






© Susi Jirkuff "DIY", 100 Jahre Frauenwahlrecht, 2018, drei HD Videos, Animation,1/3: 4,42 min, 2/3: 3,56 min, 3/3: 3,29 min, Fotomaterial: Fair Use

Susi Jirkuff, 1966 in Linz geboren, lebt in Wien. Sie hat an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz studiert, wo sie seit 2010 im Animations-Labor der Abteilung für Experimentelle Visuelle Gestaltung lehrt. Seit 2014 lehrt sie auch Künstlerisch-mediale Praxis an der Universität zu Köln. 2016 erhielt sie den Outstanding Artist Award für Film und Experimentalfilm. Jirkuffs vorrangige Medien sind Zeichnung, Video, Animation und Installation. Ihre Arbeiten wurde international ausgestellt, u. a. im CAC Vilnius, im Stedelijk Museum Amsterdam, im Frankfurter Kunstverein, in der Kunsthalle Wien, im Musée d’art moderne in Paris sowie im OK Linz, Einzelausstellungen waren in der Secession in Wien sowie im Medienturm Graz zu sehen. Ihre Animationen und Videos wurden bei Filmfestivals und im Fernsehen gezeigt, darunter beim Annecy International Animation Film Festival, beim European Media Art Festival Osnabrück, beim Tricky Women Wien, bei der Diagonale in Graz, bei Crossing Europe in Linz sowie auf ARTE TV, TELEVISION ESPAÑOLA, SWR und OKTO.
www.susijirkuff.com
Susi Jirkuff hat drei Animationsfilme realisiert, die Schülerinnen und Schüler spielerisch an das Thema und die Geschichte des Frauenwahlrechts heranführen sollen. Angelehnt an die Ästhetik von YouTube-Videos, wie sie von Digital Natives gerne konsumiert oder selbst produziert werden, hat die Künstlerin 2D-Marionetten animiert. Diese tragen die Gesichter von österreichischen Wahlrechtsaktivistinnen, die um 1918 zur Einführung des Frauenstimmrechts beigetragen haben: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Marianne Hainisch und Adelheid Popp waren unter den ersten von insgesamt acht Frauen, die in das österreichische Parlament gewählt wurden. Durch die Verwendung von Jugendporträts dieser Frauen in Verbindung mit Outfits, wie junge Menschen sie heute tragen, wird ästhetisch und inhaltlich ein Bogen zwischen der vermeintlich abgeschlossenen Geschichte und ihrer Aktualität für unsere Gegenwart geschlagen. Umfassende Archivmaterialien und historische Abbildungen oder Fotografien liefern den Hintergrund für die Figuren und verdichten sich mit den historischen Fakten zu einem interessanten und lehrreichen Erzählstrang, der vor allem junge Menschen adressiert.

Drei Mädchen haben diesen couragierten Frauenfiguren ihre Stimmen geliehen und erzählen anhand von kurzen biografischen Anekdoten und Zitaten von den damaligen Verhältnissen. Susi Jirkuffs Narrationen skizzieren auf einfache, aber informative Weise die sozialen und politischen Lebensumstände von Frauen um die Jahrhundertwende: den erschwerten Zugang zu Bildung, die teilweise schwere körperliche Arbeit, die insbesondere schlechter gestellte Frauen schon von Kindesalter an leisten mussten, und ihren mehr oder weniger „rechtlosen“ Status. Dem Alltag von Kindern wird dabei besondere Aufmerksamkeit geschenkt, um für jugendliche SeherInnen ein Bild davon zu zeichnen, wie dringlich die Bestrebungen für das Stimmrecht waren und welche weitreichenden Folgen sie für Frauen und ihre Kinder hatten.

Dieses politische Engagement einte Frauen aller sozialen Schichten, bildungsferne Arbeiterinnen ebenso wie privilegierte Frauen aus der bürgerlichen Oberschicht. Sich zu solidarisieren und eine gemeinsame Sprache zu finden war allerdings kein leichtes Unterfangen, wie die kurzen Videos veranschaulichen. Exemplarisch stellt Susi Jirkuff die Aktivistinnen Adelheit Popp (1869–1939) und Anna Boschek (1874–1957) als Teil der sozialdemokratischen Bewegung vor sowie Marianne Hainisch (1839–1936), die aus einer Industriellenfamilie stammte. Alle sahen im umfassenden Zugang zu Bildung für Frauen und Mädchen die Grundvoraussetzung für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und rechtlichen Situation. So initiierte etwa Marianne Hainisch 1892 die Gründung des ersten Mädchengymnasiums und legte damit das Fundament für den Zugang von Frauen zu höherer Bildung und zu den Universitäten.
(Georgia Holz)