Karawanen
Ines Doujak



Ausstellungsreihe
Alltagskultur und Gegenwartskunst im museumORTH
kuratiert von Hilde Fuchs
2. Juli bis 1. November 2018

In der Ausstellung Karawanen im museumORTH zeigt Ines Doujak neue, eigens für die Ausstellung produzierte Arbeiten, die sie im Dialog mit der Sammlung alltagskultureller Gegenstände präsentiert – in Verbindung mit einer imposanten Großskulptur im traditionell für die zeitgenössischen Ausstellungen reservierten „Turmzimmer“.

In vielen ihrer Arbeiten geht die Künstlerin den Bedingungen von Unterdrückung auf den Grund und veranschaulicht, wie historische Ereignisse und Entwicklungen bis in die Gegenwart reichen, wie beispielsweise koloniale Ausbeutung des 19. Jahrhunderts mit unserer Lebensrealität heute zusammenhängt. Eingebettet in kritische Diskurse sind ihre Arbeiten das Ergebnis aus der Verbindung von künstlerischer Recherche mit Praktiken aus Performance und (politischem) Aktivismus: Theatralik, Unmittelbarkeit und der bewusste Einsatz des menschlichen Körpers kennzeichnen sowohl visuelle Strategien von Protestbewegungen als auch Doujaks künstlerische Sprache. Mit ihren Collagen, Skulpturen, Installationen und performativen Interventionen, in denen sie mitunter drastische Bilder einsetzt, wenn es darum geht, verstörende Inhalte aufzuzeigen, vertraut sie auf die Macht von Bildern.

Assoziationen zu temporären Skulpturen von Paraden oder Protestkundgebungen, zu Dada und Nostalgie-Kinderspielzeug lässt die (noch kleine) Armee aus lebensgroßen „Robotern“ aufkommen, die sich unter Exponate der permanenten Sammlung gemischt haben. Aus Kartonverpackungen zusammengesetzt sind die fünf Figuren, deren Rohmaterial aus den Altpapiercontainern Wiens stammt, mit T-Shirts bekleidet, die ein von der Künstlerin entworfenes Wappen ziert. Dieses heraldische Zeichen – von jeher Ausdruck von Macht – kehrt an mehreren Orten in der Ausstellung wieder, so auch auf einer Flagge oder als Allover-Muster auf einem eigens angefertigten Kleid von Doujaks „Modelabel“ Not Dressed For Conquering.

Mit den Mechanismen und Auswirkungen des globalen Handels hat sich die Künstlerin schon vielfach und im Rahmen unterschiedlicher Werkkomplexe wie des bereits erwähnten „Modelabels“ oder der Arbeiten zu the economics of desperation beschäftigt. Ihre neuesten Arbeiten beziehen sich konkret auf Chinas aktuelles Infrastruktur-Großprojekt, die sogenannte „Neue Seidenstraße“. Auch bekannt als „One Belt, One Road“-Projekt ist sie das ambitionierteste Infrastruktur- und Handelsprojekt der Volksrepublik China unter ihrem Staatspräsidenten Xi Jinping.

China sichert bzw. schafft auf diese Weise Absatzmärkte und treibt seine wirtschaftlichen Interessen massiv voran. Mit der Seidenstraße als „Anker in Europa“ und mit den Mitteln von „Soft Power“ – also Bedeutungsgewinn und ökonomischer Expansion durch Investitionen, Entwicklungsprojekte, kulturelle und diplomatische Ausdehnung von Einflussbereichen – macht sich China gerade zum Vorreiter einer neuen Form der Globalisierung. Die Zeiten, in denen die weltweit bevölkerungsreichsten Länder China und Indien von westlichen Industriestaaten in erster Linie als Absatzmärkte oder Billigproduktionsländer betrachtet werden konnten, sind eindeutig vorbei. Der chinesische Vorstoß bei der „Neuen Seidenstraße“ zeugt von einem Expansionswillen und auch von einer radikal auf die Zukunft ausgerichteten Politik, die vielen Regierungen westlicher Demokratien abhandengekommen ist – ein Umstand, der vielleicht auch als ein „Symptom“ der gegenwärtig vielfach diagnostizierten Krise der Demokratie – und gleichzeitig des Kapitalismus – gesehen werden kann.