Alois Mosbacher
Woods, 2021
Der Maler Alois Mosbacher wirft seinen künstlerischen Blick seit Jahren auf den Wald. Mit dessen Anziehungskraft wie erzählerischer Vielgestaltigkeit beschäftigt er sich auch in seiner aktuellen Ausstellung und Intervention auf Schloss Orth, das von Auwald umgeben ist.

Im Rahmen der Ausstellungsreihe ALLTAGSKULTUR UND GEGENWARTSKUNST im museumORTH, kuratiert von Hilde Fuchs, findet seit über 10 Jahren eine jährliche Kooperation mit Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich statt. 2021 steht im Zeichen des Rückblicks auf die erste urkundliche Nennung des Ortes vor 1000 Jahren im Zuge der sogenannten Landnahme und bezieht dabei auch den umgebenden Nationalpark thematisch mit ein.






Alois Mosbacher, geboren 1954 in Strallegg, lebt in Wien und Niederösterreich. Studium der Malerei an der Akademie der bildenden Künste Wien. Mosbacher zeigte seine Werke u. a. in Ausstellungen im Aargauer Kunsthaus, der Secession Wien, in der Neuen Galerie Graz und im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, im Lentos Linz sowie im Kunstverein Bremen. Er zählt zu den wesentlichen Repräsentanten der Neuen Malerei der 1980er Jahre. Er hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Kulturpreis Niederösterreich für Bildende Kunst (2012) und den Österreichischen Kunstpreis für Bildende Kunst (2014).

museumORTH, Schloßplatz 1, 2304 Orth an der Donau

Gesprächsrunde zur Eröffnung
Alois Mosbacher nahm die Ausstellungseröffnung zum Anlass auch im Gespräch einen Bogen über die ökologischen, gesellschaftlichen, philosophischen und künstlerischen Aspekte des Waldes zu spannen, den er selbst „eine sehr komplexe Angelegenheit“ nennt. Dazu hat er eine Runde renommierten Experten geladen, deren Expertise von der ökologisch orientierten Aubesetzung über die naturwissenschaftliche Forschung bis hin zur kunsttheoretischen Auseinandersetzung reicht:
„Wald – Wissenschaft/Ökologie/Kunst“
Lóránd Hegyi, Kunsthistoriker, ehemaliger Direktor des MUMOK, Wien
sprach über das Verhältnis der Kunst und Malerei in Bezug zu Landschaft und Wald, speziell in der Romantik und über zeitgenössische Künstler, die in diesem Themabereich arbeiten.
Andreas Rigling, Leiter Forschungseinheit Walddynamik, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, ETH Zürich
„Jahrringe, das Umweltgedächtnis der Wälder, unserer Zeit. Unsere Bäume legen jedes Jahr einen neuen Jahrring an, regelmässig, zuverlässig. Sie tun dies seit tausenden von Jahren und speichern in deren Ausformung vergangene Umweltbedingungen. Jahrringabfolgen erlauben uns somit den aktuellen Zustand unserer Wälder, z.B in Bezug auf den Klimawandel, einzuordnen und in einen historischen Kontext zu stellen, präzise, einzigartig.“
Manfred Rosenberger, Biologe und Historiker, Nationalpark Donau-Auen; Mitorganisator der Aubesetzung 1984
Nimmt die Au in den Blick: entlang der Donau von Wien nach Hainburg ist sie eine der größten noch weitgehend intakten Aulandschaften Mitteleuropas. Rosenberger erzählte über die Entstehung und Geschichte des Nationalparks Donau-Auen und die ökologischen Aspekte dieses Teilstücks der Donau.

Fotos: © Joanna Pianka, Alois Mosbacher




Für Alois Mosbacher ist der Wald seit vielen Jahren ein zentraler künstlerischer Gegenstand. Dieser ist historische Projektionsfläche für Mythen und Utopien genauso wie für die individuelle Gefühlswelt, die sich – von Freiheitsempfindung bis hin zu Bedrohung – darin wiederzufinden scheint. Darüber hinaus begegnet man hier einem visuellen Paradoxon, da Bäume zwar einen Raum definieren, ihn aber gleichzeitig – quasi strukturbedingt – zu verstellen scheinen, der Blick kann also nicht frei schweifen. Für Alois Mosbacher machen all diese Bedingungen den Reiz des Motivs Wald aus.



Rückzug und Abkehr
Viele Bildgruppen und Ausstellungen sind über die Jahre entstanden und haben sich diesem Ort und seinen symbolischen Facetten, darunter auch jenen der Einsamkeit oder der Abkehr von der Gesellschaft, gewidmet. Die beiden Amerikaner Henry William Thoreau und Theodore Kaczynski stellt Mosbacher hierbei immer wieder in gedanklichen Kontext zu seiner Arbeit: Während ersterer im 19. Jahrhundert „das Leben in den Wäldern“ als Möglichkeit einer autarken und selbstbestimmten Lebensweise gewählt hat und zum Vorreiter alternativer Lebensformen wurde, hat letzterer sich erst dorthin zurückgezogen, um Jahre später als UNA-Bomber einen terroristischen Feldzug gegen das System zu beginnen.

Spannungsreiche Beziehung von Mensch und Natur
Mosbachers Malereien, deren figurative Motive immer wieder auch fließend ins Abstrakte gleiten, nähern sich diesen Themen aus unterschiedlichen inhaltlichen wie formalen Richtungen an. Die Wald-Szenen sind häufig ohne Menschen, der Bildraum aber nicht selten mit menschlichen Spuren besetzt – verlassene Hütten, ausrangierte Möbel, Konsummüll. Mitunter subtil, bisweilen unübersehbar fängt er mit dem Blick in den Wald das spannungsreiche Verhältnis von Mensch und Natur ein. Es geht ihm nicht um die verträumte, romantisierte Landschaft, sondern um komplexe Fragen zu Individuum und Gesellschaft, Natur und Konsum, die er über das Motiv an die Betrachter*innen weiterreicht.






Innen und Außen

Dieses vielseitige Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Natur nimmt Mosbacher nun auch für seine Ausstellung Woods auf und löst die Malerei dafür von ihrem klassischen Prinzip des „Von-Außen-betrachtet-Werdens“, um uns zu einem Bestandteil seiner Malerei und Auseinandersetzung zu machen:
Das Turmzimmer von Schloss Orth wird in einen künstlichen Wald transformiert, indem Mosbacher dort ringsum mehrere seiner gemalten meterhohen Baumstämme installiert und damit Außen und Innen, Natur und Kultur direkt in Verbindung setzt oder gleichzeitig, bewusst irritierend, ineinander verschwimmen lässt. In seinem Video Eremit nimmt er Bezug auf Lebensentwürfe von Aussteiger*innen und Einsiedler*innen, die Zuflucht im Wald gefunden haben. Und im Außenraum, in unmittelbarer Umgebung des Schlosses, wo der Künstler an mehreren Bäumen kleinformatige Malereien anbringt, die den dahinterliegenden Baumstamm wiedergeben, treffen Vorbild und Abbild unvermittelt aufeinander und fordern einen spielerischen wie ernsthaften Diskurs über unsere Beziehung zur Natur, aber in gewisser Weise auch zur Kunst ein.