leo schatzl, let
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leo schatzl


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let's sink



In den letzten drei Jahren hat das Leben auf dem Wasser und besonders der Donauhafen in Linz eine zunehmende Faszination auf Leo Schatzl ausgeübt. Als Mitwirkender bei den Donautics, einer losen Gruppe aus Linz, engagiert er sich für die Ausweitung eines autarken Raums für die Kunst. Gemeinsamer Nenner der Gruppe ist ein Interesse an schwimmenden Objekten aller Art. "Floating Village" ist der Name einer Serie von künstlerischen Auseinandersetzungen, die sich mit der Beziehung zwischen Wasser als öffentlichem Gut und dessen Verwendung – und damit implizit auch dessen Missbrauch – beschäftigt. Dieser Aspekt war einer der zentralen philosophischen Eckpfeiler von Schatzls Artist in Residence Projekt mit dem Titel "Let’s Sink (Floating Village #3)" beim Festival wellenklaenge 2013 in Lunz am See. Bezeichnenderweise sollte das Projekt ursprünglich "I Sink Therefore I Am" heißen, ein Wortspiel mit der englischen Übersetzung von René Descartes’ Satz "cogito ergo zum" ("ich denke also bin ich"). Obwohl Schatzl mit Sicherheit nicht beansprucht zu wissen, wo die Fundamente der Erkenntnis beginnen, lädt er uns doch ein, über einen der Grundpfeiler der cartesianischen Philosophie nachzudenken, nämlich dem Zweifel an der eigenen Existenz.

Leo Schatzl war viele Jahre als Lehrkraft in der Abteilung für Experimentelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz, tätig. Obwohl in seiner Arbeit mit den Studierenden künstlerische Möglichkeiten erforscht werden, ist es ihm genauso wichtig, sie zu ermutigen, gesellschaftliche Prozesse zu hinterfragen und zu kritisieren. Da Schatzl sich schon lange für die Förderung von und Zusammenarbeit mit selbstbestimmten Künstlergruppen und Denkfabriken interessiert, entschloss er sich, seine Artist’s Residency nicht als ein einzelner Künstler wahrzunehmen, sondern eine Gruppe seiner Universitätsstudenten nach Lunz am See einzuladen, um ihnen während des Festivals vor Ort eine Plattform für die Realisierung ihrer Projekte anzubieten. In seinem Leben und seiner Arbeit nimmt Schatzl ganz bewusst eine Gegenposition zum Zentralismus und zur Zentralisierung ein. Dieser Aspekt seines Ansatzes drängt sich nicht etwa in einer plumpen Weise auf, man findet ihn vielmehr zwischen den Zeilen, wie einen delikaten roten Faden, den man entdecken kann, wenn man sich näher mit seinem Werk beschäftigt.

Bei "Let’s Sink" stand nicht nur das fertige künstlerische Produkt im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern auch der gesamte Prozess der Konzeption und Ausführung der Kunstwerke. Die Präsentation der Ergebnisse der Artist’s Residency umfasste zusätzlich auch nicht ausgeführte Projekte oder Arbeiten, deren Umsetzung scheiterte. Das Konzept des Sinkens ruft eine ganze Reihe von Konnotationen hervor, die Schatzl thematisieren wollte. Man kann sich zum Beispiel in sich selbst versenken, eine aufschlussreiche Erfahrung – entweder bereichernd oder beängstigend. Man kann auch vor Scham im Boden versinken; oder, in einem wörtlichen Sinn, im Treibsand (laut Hollywood) oder auch im Wasser versinken und verschwinden. Man kann das Sinken oder Fallen als unveränderliche Tatsache des Lebens ansehen (Schwerkraft) und sich in fatalistischen Gedanken darüber ergehen, oder es als einen lebensbejahenden Mechanismus betrachten, der sich in Handlungen ausdrückt wie: Sich einfach mal fallen lassen, den Kopf auf ein weiches Kissen sinken lassen oder sich in ein gutes Buch versenken.
(R.Gadsen)