olaf breuning, blind spot
olaf breuning, blind spot
olaf breuning, blind spot
 

olaf breuning


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blind spot



Bei der umfangreichen Plakatkampagne "Blind Spot" wurden im Juni 2003 800 Plakate in ganz Niederösterreich affichiert. Im Gegensatz zu den meisten künstlerischen Plakatprojekten, bei denen Unikate oder nur sehr kleine Stückzahlen platziert werden, kann hier von einem tatsächlichen Einklinken der Kunst in dieses Massenmedium gesprochen werden. Für ein Werbeplakat stellen Kommunikationswissenschaftler heute eine durchschnittliche Rezeptionszeit von nicht einmal zwei Sekunden fest. Damit stellt sich den KünstlerInnen die Frage, ob sie sich dem scheinbaren Zwang zum Plakativen unterordnen wollen oder bietet diese Abrichtung des Mediums nicht vielmehr gerade der Kunst einen besonderen Freiraum sowie ein Feld neuer Bezugsmöglichkeiten abseits der Kunstinstitutionen? Ein wichtiger Abhebungspunkt ist, dass die Kunstplakate immer absenderlos sind, es muss kein Produkt beworben werden. Vor allem aber sind es die kommunikativen Strategien der Kunstplakate, auch wenn sie Formen des gewöhnlichen Grafik-Designs übernehmen sollten, die sie in Distanz zu ihrer Umgebung bringen. Meist bedienen sich die KünstlerInnen "minimalistischer" Strategien der Informationsverweigerung, die ein offenes Feld der Interpretierbarkeit bereitstellen.

Bei Olaf Breuning ist die Verwendung von Klischees der Populärkultur künstlerisches Programm. Wie bei vielen anderen Arbeiten des Schweizer Künstlers werden auch bei "Double", einer Fotografie, die in der langen Reihe seiner skurrilen Gruppenporträts steht, Zeichen und Codes der Alltagswelt zu einer sonderbaren Mixtur montiert. Auf den ersten Blick aber präsentierte sich auf dem Plakat eine scheinbar ganz gewöhnliche, höchstens seltsam eingefroren wirkende Szene: Zwei Frauen und zwei Männer, alle in weißem Tennisdress und den Schläger in der Hand, hocken an und auf einem Picknicktisch. Wären nicht die eigenartigen gelben Masken, hätte man das Bild – inmitten all der anderen Werbungen – zunächst für eine Reklame für Sport-Accessoires halten können. Erst beim näheren Hinsehen zeigten sich die Details einer grotesken Inszenierung: Alle vier tragen Perücken, die Männer schwarze, die Frauen jeweils blonde mit dicken Zöpfen, den beiden Frauen wölben große, aufgeblähte Ballonbrüste künstlich die Polo-Hemden, jede der Personen ist jeweils am rechten Bein bandagiert usw. Breuning kombiniert Stereotype aus unserem kollektiven Bildrepertoire – aus der Erfahrungswelt des TV, des Kinos, der Mode, der Kunst und eben auch der Werbung –, um sie gleichzeitig zu überzeichnen oder subtil zu unterlaufen. Von daher machte die spannungsgeladene Nähe zum Werbemedium, von der die Rede war, bei diesem Sujet einen umso größeren Effekt. Die Einbindung in einen medialen Kontext, der jenen Klischees wie nichts sonst verpflichtet ist, verschärfte umso mehr die ironische Distanz des Bildes. Mehr als womöglich bei einer Präsentation in einer Galerie wurde hier seine Qualität als surrealer Kommentar zu den Uniformierungen heutiger Freizeitindustrie virulent, mehr als anderswo brachte die Künstlichkeit der Szene – die doofen Masken, das bizarre Spiel mit klonhafter Gleichheit und Ununterscheidbarkeit – schonungslos das Lächerliche der sportiven Dresscodes zur Geltung. Stärker als in einer Kunstausstellung wurde hier die satirische Hinterfragung des schönen Scheins und der Suggestivkraft der Konsumwelt in den Vordergrund gerückt, die in Breunings Werk – ohne dass dabei der Reiz ihrer Verführungskraft unterschlagen würde – immer eine Rolle spielt.