ricarda denzer, high hills
ricarda denzer, high hills
 

ricarda denzer


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high hills



Für den Winter 2003 hatte die Kunsthalle Krems einen "Frauenschwerpunkt" initiiert, an dem sämtliche Institutionen der Stadt teilnahmen. Sie selbst zeigte die Ausstellung "Mimosen-Rosen-Herbstzeitlosen. Künstlerinnen-Positionen 1945 bis heute". Nachdem auch das Büro für Kunst im öffentlichen Raum der niederösterreichischen Kulturabteilung zur Teilnahme gebeten worden war gab es eine temporäre Ausstellung im öffentlichen Raum der Kunstmeile Krems in Auftrag. Das Projekt "high hills" entstand. Der Titel sollte für den Weg stehen, den man gehen muss, wenn man sich das Denken und auch einmal das Zweifeln erlauben will. Zunächst waren einige der zur Ausstellung eingeladenen KünstlerInnen wegen des Schwerpunktes verunsichert und befürchteten, danach mit dem Prädikat "feministisch" oder "Quoten-KünstlerIn" dazustehen. Die Vorstellung von "Frauenkunst" zauberte bei vielen die amüsantesten Grimassen im Gesicht hervor. Einige blickten mich aber auch nur mit versteinerter Miene an. Eine Künstlerin merkte ironisch an: „Integration durch Isolation.“ Viele Gespräche folgten. Es galt klarzustellen, dass die Kategorie "Frauenkunst" kein Thema war. Schließlich nahmen alle eingeladenen KünstlerInnen an der Ausstellung teil. Dann musste natürlich noch die Hürde der Genehmigungen genommen werden, was im Fall von "high hills" ohne den guten Willen der Kremser Baudirektion, der Wasserstraßendirektion, des Liegenschaftsamtes, des Gefängnisses, einiger Privatleute und auch der Kunsthalle unmöglich gewesen wäre. Doch damit war die Akzeptanz des Publikums im öffentlichen Raum noch nicht gesichert. Hier, außerhalb des sicheren Schutzes des Museums, treffen unterschiedliche Interessen aufeinander, die letztendlich ihren gemeinsamen Nenner in gesellschaftlichen Belangen finden. Umso wichtiger schien es, themenbezogen zu arbeiten und einen Denkfreiraum für gesellschaftlich relevante, nicht nur ortsbezogene Fragen zu schaffen, an dem ein Publikum aktiv teilnehmen kann.
"high hills" versammelte KünstlerInnen, die sich vor dem Hintergrund des sich als Mensch verstehenden Individuums mit Humor und Subversion den menschlichen Schwächen stellen und sich durch ihr Interesse an gesellschaftlichen Fragestellungen auszeichnen. In diesem Sinn wurde die thematische Konzentration auf die Position und Disposition der Frauen in der Gesellschaft und die Geschlechtertrennung als eine Frage verstanden, die sich permanent als eine von vielen und in einer gleichzeitigen Verschränkung mit diesen stellt. So blieben die Frage nach der aktuellen Bedeutung des öffentlichen Raumes als Abbild gesellschaftlicher Strukturen und damit auch die Frage "Wie ist das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft?" immer mitgedacht.

Ricarda Denzers Fotomontage "Fluchtweg" auf der Fassade der Kunsthalle Krems schnitt eine fiktive Schneise durch das Gebäude. Quasi durch einen Perlenvorhang hindurch schaute man direkt auf den kleinen Hof mit Überwachungsturm hinter der Kunsthalle, der an das Gefängnis grenzt. Es ist ein versteckter öffentlicher Raum, der für Museumsbesucher als Fluchweg deklariert ist. Hält man sich in diesem Hof nahe der Mauer auf, kann man ein von der Gefängnisseite herkommendes Stimmengewirr hören. Es wird einem bewusst, dass sich hinter dieser Mauer ein abgeschlossenes Universum mit eigenen Geschäften und eigenen Arbeitsbetrieben befindet. Darauf wies die Künstlerin wie beiläufig hin. Mit dem Blick durch den Perlenvorhang hatte sie fiktiv die Koordinaten gewechselt, und ließ den Betrachter aus einem vermeintlichen Innenraum herausschauen. Indem Ricarda Denzer auf Nebenschauplätze hinweist, die stellvertretend für größere Zusammenhänge stehen, macht sie dem trägen Alltagsauge Verborgenes sichtbar. Diese Räume werden zu Orten möglicher Erzählungen, in denen sich der Blick ungehindert auf das Nicht-Sichtbare richten kann, wenn er kann.